Auf dem Rücken kirgisischer Pferde durch die Höhen und Tiefen der Berge

Die Grenze in Izboskan (Uzbekistan) ist wohl die entspannteste auf unser bisherigen Reise. Nur drei Schritte vom usbekischen Ausreisestempel entfernt wartet auch schon Kirgisistan auf uns.
Unsere erste Mitfahrgelegenheit von hier nach Bischkek gibt uns bereits einen feinen Vorgeschmack hinsichtlich der Schönheit hiesiger Natur. Während unserer 9-stündigen Autofahrt schrauben wir uns auf der einzigen Straße vom kirgisischen Osten in die Hauptstadt auf den Serpentinen des Landes wie ein Korkenzieher hinauf und hinab. Das Unterhaltungsprogramm aus dem Fenster ist wie ein spannender Roadmovie. Von weißen Gipfeln und mächtigen Gebirgsketten umgeben, sehen wir zwischenzeitlich auf  schneebedeckte Hänge und Straßen, während es wie in einer Achterbahn hoch- und runtergeht. Wir schauen hinab in tiefe Schluchten und entdecken ab und an Pferd, Rind und Schaf beim gemütlichen Grasen in Steillage, welche 94% der gesamten Landesfläche prägt.

Auf dem Weg nach Bischkek

Neben dem genüsslichen Ausblick erhalten wir bei unserem ersten Päuschen bereits unsere zweite Einladung auf dieser Reise zum Pferdefleischverzehr, diesmal ganz unkompliziert als dicken Klumpen aus der Plastiktüte auf die Hand, direkt aus dem Kofferraum. Auch entdecken wir auf dem Schopfe des Onkel unseres Fahrers den traditionellen Hut, den sogenannten Kalpak, der mit seiner Form und weißem Grundton die allerorts zu findende weiße Berglandschaft huldigt und auch noch in diesen Tagen viele Männerköpfe schmückt.

Mittlerweile ein Klassiker der kirgischen Popularmusik, zudem mit feinem Gitarrensolo.

In Bischkek angekommen, legen wir eine längere Rast ein. Die Hauptstadt Kirgisistans erwartet uns mit wenig Sehenswürdigkeiten und touristischen Attraktionen, was uns diesmal sehr gefällt. Wir genießen die zwischendurch milden Temperaturen und denken während der Entschleunigung unserer Schritte auf goldgelbem Blätterteppich zum ersten Mal auf dieser Reise an den Herbst und Väterchen Frost.
Bei unserem Couchsurferpärchen treffen wir an den ersten Tagen auch auf Wendy und Scott aus Taiwan. Wir lauschen ihren Reiseabenteuern, die sie auf ihren Wegen durch Indien und China erlebt haben und erfahren über das angespannte Verhältnis von Taiwan zu China. Wie wertvoll jener zufällige Austausch zu Menschen aus anderen Kulturen der Welt ist, bemerken wir erneut an jenem Abend durch die Unterhaltungen mit den Zweien und verstehen die Welt dadurch vielleicht wieder ein wenig mehr. 

Gemeinsam mit unseren kirgisischen Gastgebern Nurmukhammed und Anett vertilgen wir an so manchem Abend gemeinsam das letzte tägliche Mahl und erfahren auch hierbei mehr über Land und Leute. Dabei kommt auch der wachsende Einfluss des Islam zur Sprache. Die Kirgisen als ein Nomaden-Volk waren in früheren Zeiten stärker dem Tengrismus zugewandt, zu dessen höchstem Gebot u.a. die Einigkeit zwischen Mensch und Natur gehört. Nach Auflösung der Sowjetunion 1991 wurde das entstandene „geistige Vakuum“ wie auch in anderen Ländern zumindest teilweise durch Religion ausgefüllt. Besonders in den letzten Jahren wurde vom Ausland der Bau von Moscheen und Koranschulen vorangetrieben. Wir hören von aus den Vereinigten Emiraten, Saudi-Arabien oder dem Iran gesandten Imamen, die manchmal gar Eltern dafür bezahlen, dass deren Kinder am Koranunterricht teilnehmen.

Kopfbedeckungen wie jooluk oder elecheck haben eine lange Tradition in der kirgisischen Kultur, worunter sich im Straßenbild nun auch, vermehrt bei jungen Frauen, der Hijab zeigt.

Plakat-Kampagne vonseiten der Regierung: „Arme Leute, wie wollen wir leben?“, Sommer 2016, https://blog.nationalgeographic.org/2018/03/11/insight-into-kyrgyz-identity-through-hats-hijabs-and-other-types-of-head-coverings/

Trotz all dieser interessanten Gespräche soll es für uns weitergehen. Doch müssen vorher noch das indische und pakistanische Visum beantragt werden.
Auf unseren Wegen zur Botschaft integrieren wir die süßen Eierkuchen, blini, am Straßenrand als kleine warme Sünden in unseren täglichen Verzehr. Auf dem Bazar ums Eck probieren wir uns zudem durch das breitgefächerte Salatbuffet und ergattern Walnuss und getrocknete Aprikosen zusammen mit Mathias, der kurzfristig auch bei unseren GastgeberInnen unterkommt.

Zu dritt machen wir uns auf in den La-Artscha-Nationalpark, atmen viel der frischen Luft, stärken uns durch kühles Bergwasser und fühlen uns beim Blick hinauf in den Himmel wie ein Trio kleiner Zwerge zwischen all den mächtigen Riesen aus Stein. Da wir bei untergehender Sonne erst wieder an den Eingang des Tals zurückkehren, sind wir zusammen mit einem Autofahrer und seinen weiteren 3 Passagieren die einzigen Hinterbliebenen an jenem verlassenen Ort. Wir dürfen mitfahren und damit auch wirklich keiner auf der Strecke bleibt, erbarmt sich Matthias ritterlich und legt sich für die nächste halbe Stunde in den Kofferraum. Stark!

Da wir noch ein paar Tage länger auf das indische Visum warten müssen, denken wir an noch weitere Abenteuer in kirgisischer Natur und entscheiden uns für einen mehrtägigen Ausflug gen Osten nach Karakol. Entlang des Issyk Kol, des zweitgrößten Salzsees nach dem Kaspischen Meer, erreichen wir das verschlafene kleine Nest. Die meisten Touristen sind schon fort. Während wir den Ziegen beim sich bekriegen zusehen, streifen wir auch hier durch die besinnlichen Wälder, diesmal abseits des nahegelegenen Örtchens Jeti Oguz.
Nachdem wir auf dem Weg zurück nach Bischkek, diesmal südlich entlang des großen Sees, die Märchenschlucht nahe Tamga erklimmen, wagen wir danach, wie von Feenstaub berieseln, einen ganz kurzen Sprung ins ziemlich kühle Nass.

Das traumhafte Tal von Jeti Oguz.

An den nächsten Tagen sollen wir unseren Höhepunkt in Kirgisistan erleben.
Über einen anderen Reisenden in Karakol erfahren wir von Jengish und seinem Gästehaus fernab der Straßen inmitten des Nirgendwo. Mehrere Brücken überquerend erreichen wir schließlich das einzige Haus weit und breit um uns herum. Wir sind angekommen im Tal von Chon Kemin.
Für einen Tag lassen wir uns verwöhnen von deftiger Hausmannskost und müssen bei der hausgemachten Marmelade an die in Rostock aus Himbeeren gemachte und ebenso gute Leckerei denken. Umgeben von allerlei Truthahnmüttern und ihrem jungen fidelen Gefolge Iassen wir uns nach dem Mittagessen auf der Wiese die Sonne auf den gewölbten Bauch scheinen und verwandeln uns nur wenig später in Terrence Hill und Bud Spencer. In unseren Ohren erklingt die alt bekannte Winnetou-Melodei und unsere Reise in Begleitung von Jengishs Sohn hinauf in die Berge auf kirgischem Pferde kann beginnen.
Während sich Nikolas‘ Begleiter durch einen gemütlich trägen Pferdeschritt auszeichnet, sucht meine Stute bei jeder Gelegenheit nach einem grünen Halm zu allen Seiten. Dennoch kommen wir mit unseren charakterstarken Warmblütern gut voran und entdecken durch den Feldstecher einige Rehe und Steinböcke, während wir unseren Tieren eine kurze Auszeit von unseren Körpern gönnen.

Auf dem Weg zur nächsten Grenze machen wir noch einmal Rast in Osh, der zweitgrößten Stadt Kirgisistans. Nazgulia empfängt uns nach unserer langen Anreise aus Bischkek in den späten Abendstunden im flauschigen Bademantel und Pantoffeln unter den Straßenlaternen an ihrem Gartentor und hält für den kommenden Nachmittag einige Überraschungen für uns bereit. Wir folgen der Einladung der engagierten Englischlehrerin nach Frühstück und Mittagessen in einem gemütlichen Stadtcafé und finden uns sodann im DirektorInnenzimmer ihrer Schule wieder. Nachdem das Fotoshooting beendet ist und viele Selfies mit uns und der stellvertretenden Direktorin für die Ewigkeit eingefangen sind, wird die nachfolgende Englischstunde kurzerhand nach draußen verlegt und wir unternehmen einen Ausflug mit Nazgulia und ihren Zöglingen auf den Berg Suleman-Too. Von hier sehen wir der großen Stadt beim Inhalieren der vielen Auto-Abgase zu und dürfen aus dem Augenwinkel Jung und Alt beim illustren Steinerutschen beobachten.

Am darauffolgenden Tag geht es über Sary Tash immer weiter in Richtung chinesischer Grenze. Wir kommen der Toblerone mit weißen Gipfeln immer näher und werden schließlich nach nahezu aussichtslos leeren Straßen von zwei liebenswerten Truckerfahrern mit an den Grenzort Irkeschtam genommen.
Am wohl trostlosesten Ort auf unserer Reise finden wir in einer der verbliebenen Blech-Bauwägen Unterschlupf und sehen dem aufsteigenden Rauch aus den Schornsteinen dabei zu, wie sich ihren Weg zur chinesischen Grenze bahnen. Morgen geht’s nach China.

Ein Land in der Mitte der Welt

Am 4. Oktober sind wir in Uzbekistan. Von der „Taxi-Mafia“ hinter der Grenze hatten wir schon gehört. Man will uns nicht in einem der günstigen öffentlichen Minibus-Taxis mitfahren lassen. Deren Fahrer und die regulären Taxifahrer, die es auf uns schwerreiche Touris abgesehen haben, machen gemeinsame Sache. Ein unnötigerweise maskierter und damit nicht ganz ernst zu nehmender Mann hält die Fäden in der Hand und schreibt sich immer wieder etwas Wichtiges in sein Notizbuch. Erst als wir uns demonstrativ in einen der Minibusse setzen und mit den darin wartenden Frauen zu plaudern beginnen, wird schließlich eingelenkt und man fährt uns für 10 statt der ursprünglich geforderten 30$ nach Bukhara direkt zum Hostel.
Ums Campen ist es eher schlecht bestellt hier, denn bei der Ausreise werden zumindest einige Registrierungs-Zettel gefordert, die von den Hotels ausgestellt werden und außerdem sehen wir uns selten mit einer Landschaft konfrontiert, die sich gut zum Zelten eignet. Wir fahren vorbei an Feldern, auf denen Frauen kleine weiße Wölkchen sammeln, die weiter weg zu meterhohen Bergen geschichtet werden. Weit und breit erstrecken sich die Baumwollfelder. Das „weiße Gold“ aus Uzbekistan soll eines der besten der Welt sein, weil noch von Hand gepflückt wird. Unterbrochen wird diese landwirtschaftliche Einöde von kahlen Wüsten oder Siedlungen.

Bukhara entpuppt sich als gemütliche und leicht zu entdeckende Stadt, die sich gut auf die wieder vermehrt anzutreffenden Touristen eingestellt hat. Die historischen Bauwerke sind hübsch saniert und wir schlendern gemächlich an alten Zitadellen, Moscheen mit prächtigen Holzvorbauten und großen Komplexen vorbei. Abends lassen wir uns ein Süppchen und Manti, gefüllten und in Brühe gekochten Teigtaschen, schmecken.

Am nächsten Tag geht es nach Samarkand, welches ebenfalls mit beeindruckenden Bauten auftrumpft. Für eine Nacht finden wir sogar ein Plätzchen hoch über der Stadt und freuen uns, mal wieder im Zelt zu liegen. Es soll für eine ganze Weile das letzte Mal sein…
Wir treffen Azim, einen Maschinenbauer, der uns mit seinem fließendem Deutsch überrascht, welches er sich in den letzten 6 Monaten selbst beibrachte. Für ein 3-monatiges Praktikum sei er auch schon in Deutschland gewesen, erzählt er uns, hat aber den Wunsch, wieder dorthin zurückzukehren, auch wenn er zunächst weit unter seiner Qualifikation arbeiten müsste. Mit seinem Ehrgeiz und seinem Optimismus beeindruckt uns Azim, auch wenn er sich einreiht in die unzähligen Menschen mit der gleichen Hoffnung, die wir bisher trafen und wir unweigerlich an den brain-drain, dem Abwandern gut ausgebildeter Fachkräfte, denken, der vielen Ländern unserer Route widerfährt.

Die Tilla-Kari-Madrassa im Registan-Komplex in Samarkand ist schon fast zu viel für’s Auge.

Wir halten uns nicht lange auf, wollen noch, bevor es zu kalt wird, einige Zeit in Kirgisistan verbringen und später über zwei hohe Pässe nach China und Pakistan.
Da trifft es sich fast gut, dass Taschkent als eine von einem verheerenden Erdbeben 1966 fast vollständig zerstörte Stadt weit weniger Sehenswürdigkeiten als Bukhara und Samarkand zu bieten hat. Im Bus dorthin freunden wir uns mit Abdurauf an, der uns abends durch die Straßen führt. In den kunstvoll verzierten U-Bahnhöfen erzählt er uns, dass es nach dem Beben eine beispiellose Hilfewelle aus der ganzen Sowjetunion gab. Unzählige freiwillige Arbeiter seien gekommen, um die Stadt wieder aufzubauen, auch die damals moderne Untergrund-Bahn sei ihnen zu verdanken. Auf den langjährigen autokratisch herrschenden Präsidenten Islom Karimov angesprochen, sagt der Anfang-Zwanzigjährige, Karimov habe nach der Unabhängigkeit eine starke Hand bewiesen und es hätte über all die Jahre an brauchbaren Alternativen gemangelt. –

Wir treffen auch unsere Georgien-Bekanntschaften Franni und Jan wieder, die sich nach knapp anderthalb Jahren unterwegs jetzt auf der Rückreise nach Deutschland befinden. Es ist ein bisschen komisch – wir sind noch mittendrin und die beiden können es langsam kaum noch erwarten, wieder nach Hause zu kommen.

Unsere letzte Station in Uzbekistan ist Andijan vor der kirgischen Grenze. Wir wollen es doch nochmal mit dem Trampen versuchen und werden belohnt. Otabek nimmt uns mit und besteht nach den 5 Stunden Fahrt darauf, dass wir den plov, ein für Zentralasien bekanntes Gericht aus in Lammfett gebratenem Reis und Fleisch, seiner Frau probieren. Wir haben noch etwas Zeit, bis unser Couchsurfing-Host uns empfangen kann und nehmen die Einladung an. Es schmeckt vorzüglich und wir sind froh, dass auch hier eine so unverhoffte und herzliche Begegnung zustande gekommen ist.

Doch auch unser Gastgeber Azizbek hat noch etwas vor heute Abend. Sich auf islamische Traditionen berufend, werde nur ich zum geselligen Beisammensein mit seinen Freunden eingeladen. Während Henriette gute Miene zum seltsamen Spiel macht, gehe ich anstandshalber mit auf den Männerabend. In einem Lokal um die Ecke warten schon zwei Freunde Azizbeks mit Häppchen und – ganz entgegen der guten Traditionen – Wodka auf uns. Es soll der feinste Wodka überhaupt sein (siehe auch die garantiert nicht überproduzierte Werbung) und mit der Erwartung, am nächsten Tag keine Kopfschmerzen zu haben, falle ich 4 Stunden später ins Bett.
Pustekuchen, stelle ich am nächsten Morgen fest, aber wir wollen heute noch nach Bischkek. Also machen wir uns mit mehr oder weniger klarem Kopf an die nächste Grenzüberquerung…

Für alles Wissenswerte über Uzbekistan, das ich ausließ, lasse ich dieses Video sprechen.

Uzbekistan ist letztlich nur ein kurzes Kapitel unserer Reise. Was bleibt, sind die Erinnerungen an listige Taxifahrer und Gastwirte, an Touristenziele, Baumwolle, Fettbrühen und Pferdefleisch. Vielleicht kommen wir nochmal vorbei und schauen, was es im Westen des Landes zu entdecken gibt, in Xiva und Nukus, aber bis dahin: Arrivederci, Sergey!

Unter der Käseglocke auf der Suche nach Leben

Unser imaginäres UFO ist gelandet. Wir betreten neues, unbekanntes Terrain und beginnen unsere Entdeckungsreise entlang einer langen breiten Straße, die selbst in der Ferne kein Ende zu finden scheint. Milchig, verschwommen sind ein paar Bergspitzen am Horizont zu erkennen.
Ausschließlich Autos mit weißer Karosserie, die von unsichtbarer Hand in Zaum gehalten werden, schleichen langsam und vorsichtig an uns vorbei. Alte, gebückte Mütterchen befreien mit ihren Besen aus zusammen gebundenem Reisig die Schnellstraße am Rand von Staub und Dreck.
Wo sind wir?
Vor uns prunkvolle, grazile weiße Laternenmasten. Achja und die weißen Bushaltestellen. Farblich abgestimmt, dazu ganz klar die weißen Mülleimer mit güldenener Note. Weiß scheint hier eindeutig im Trend zu liegen, denn auch die uns umgebenen Bauten sind mit jenem Farbton beschmückt. Rund 500 von ihnen sind sogar aus hellem Marmor erbaut. Alles Erschaffene scheint hier in Reih und Glied, gleichmäßig hintereinander versetzt und manchmal hoch zum Himmel aufstrebend. Symmetrie scheint in der Stadtplanung ein wichtiges architektonisches Element gewesen zu sein.

„Wie wäre es mit ein bisschen Grün?“, denken wir uns, betreten die öffentlichen Gärten und zählen die unzähligen Springbrunnen. Doch neben all den großen und kleinen Fontänen und Wasserspielen ist niemand sonst zu sehen. Niemand der ca. 800.000 EinwohnerInnen, die diese Orte aufsuchen, um Freunde zu treffen oder ein bisschen in der Sonne zu baden. Irgendwie komisch! Sind wir etwa in der Truman Show gelandet? Wir fühlen uns wie unter einer Käseglocke auf der Suche nach Leben. Aber vielleicht sind einfach alle auf Arbeit oder anderweitig beschäftigt?
Wir ziehen weiter.

Doch, da ist doch wer: ein Ordnungswächter mit einem Kollegen! Sie scheinen wohl nicht grundlos hier herum zustehen. Keine Menschenseele außer uns ist zugegen. Lediglich in den Beeten entdecken wir einige GärtnerInnen auf der Suche nach wildem Kraut. In der Ferne steht noch mehr Mensch in Uniform. An den nicht vorhandenen BesucherInnen kann es offensichtlich nicht liegen. Und auch keiner der 1995 TeilnehmerInnen der längsten Fahrradparade, die es hier im Juni diesen Jahres ins Guinnessbuch der Rekorde schaffte, ist auf seinem Gefährt zu sehen, um kontrolliert zu werden.
Wir ziehen weiter.
Weitere Polizisten streifen unsere Wege. Unser Bauchgefühl ist weiterhin ein mulmiges. Vor uns erstrecken sich weitere weißen Bauten, erinnern nun an Paläste früherer Könige, nur wirken sie gleichzeitig überaus neu! Breite Alleen, die sich ihren Weg zu den Residenzen des thronenden Oberhauptes bahnen! Ein Denkmal mit trabenden goldenen Pferden können wir zwar bestaunen, dürfen es aber nicht fotografieren, wie uns ein Officer im blitzblanken Streifenwagen ermahnt.
Wir ziehen weiter.
Doch auch hier sind die Straßen so leer wie die Parkanlagen zuvor. Keine Autos weit und breit. Nur einer ist wieder da. Der Polizist. Diesmal werden wir hektisch gestikulierend aufgefordert unseren Spazierschritt zu beschleunigen. Wir sind verwirrt. Und lassen uns letzten Endes tatsächlich zum Stechschritt überreden. Geradeaus und dann die Straßenseite wechselnd. Warum das alles? Verstanden haben wir es bis heute nicht.
Der Prunk der Gebäude begleitet uns weiter und hört nicht auf, uns mit immer mehr Argwohn zu begegnen. Diese Leere ringsherum und das beklemmende Gefühl lässt uns dabei auch nicht los. Wo sind wir hier gelandet?
Na klar, im Regierungsviertel der Hauptstadt Turkmenistans, in Ashgabat! Nur wer spielt hier den König?

Es ist ein besonderes Oberhaupt, von dem wir bereits vor unserem Besuch von John Oliver in seiner Sendung „Last Week Tonight“ Kurioses vernehmen durften.
Neben seiner Vorliebe für Einträge ins Guinessbuch der Rekorde, von denen einige auch in der zuvor dargebotenen Beschreibung zu Ashgabat wiederzufinden sind, hegt der 62-jährige Gurbanguly Berdimuhamedow auch eine leidenschaftliche Schwäche für die Achal-Tekkiner Pferderasse, die sich nicht nur in der städtischen Architektur, sondern auch auf Einkaufstüten, im Emblem der Landesfahne und in einem eigens geschaffenen turkmenischen Feiertag wiederfindet. Weniger unterhaltsam ist allerdings die Tatsache, dass dieses kleine Land auf der diesjährigen Rangliste der Pressefreiheit nach Angaben von Reporter ohne Grenzen den letzten Platz belegt. Auch eine sich dem Präsidenten entgegen stellende Opposition wird nicht geduldet.

Studententracht.

Nach unserem ersten Spaziergang durch die Hauptstadt verbringen wir unsere erste Nacht bei Aslahn und seiner Familie. Wir sind glücklich, zumindest einen kurzen Einblick in das Leben der Menschen vor Ort zu erlangen. Wir erfahren über die Zeit seiner Eltern in Berlin aus einem kleinen Fotoalbum und erhalten noch ein Gute-Nacht-Süppchen, bevor wir in den Schlaf fallen.
Das Fernsehprogramm am nächsten Morgen schlägt allerdings auf den Magen und erinnert uns erneut an den gemächlichen Verkehr auf turkmenischen Straßen. Wir müssen beim Frühstück erwachsenen Männern mit Handschellen dabei zu sehen und zu hören, wie diese öffentlich wimmernd und gebückt Abbitte für zu schnelles Autofahren und andere meist kleinere Vergehen leisten. Im Hintergrund sehen wir einen prächtigen Saal gefüllt mit Regierungspersonal und einheitlich gekleideten „Journalisten“ , akribisch mitschreibend, was die Angeklagten zu ihrer Verteidigung vorzuweisen haben und auch der Präsident ergreift zwischenzeitlich das Wort.
Unser Gastgeber schaut eher teilnahmslos zu. Auf unser Nachfragen antwortet er zögerlich und ausweichend. Wir haben das Gefühl, die Angst vor dem restriktiven Staatsapparat drückt sowohl seine Stimmung als auch Haltung.

Für unsere zweite Nacht entscheiden wir uns, der Stadt den Rücken zu kehren. Das unter Durchreisenden und Einheimischen allseits bekannte „Tor zur Unterwelt“ möchte auch von uns bestaunt werden.
In der Wüste Karakum, nahe der Ortschaft Derweze, stoßen Geologen 1971 bei der Suche nach Gasvorkommen auf eine mit Erdgas gefüllte Höhle. Diese kollabiert unter den Bohrungen und ein kreisrunder Krater entsteht, aus dem aus unzähligen Lecks giftiges Methangas strömt. Da die Umweltschäden verbrannten Gases niedriger sind, entscheidet man sich zur Abfackelung und hofft, der Spuk wäre nach einigen Tagen vorbei. Heute brennt der Krater seit fast 50 Jahren.

Nach einigen Stunden Autofahrt von Ashgabat, dem Sonnenuntergang entgegen, ist es schließlich soweit. Windhosen umkreisen das 70 Meter breite Feuerloch, wie auch unser Zelt, welches wir in sicherer Entfernung aufgestellt haben. Wir bestaunen das Flammenschauspiel gemeinsam mit zwei anderen Reisenden und fragen uns, ob man wohl einen Ausflug in den 30m tiefen Abgrund überleben würde. Später erfahren wir von dem kanadischen Abenteurer George Kourounis, der diesen Versuch 2013 tatsächlich wagte.
Da dieser Ort schon lange kein Geheimtipp mehr ist, teilen wir uns die Aussicht auf den Krater zwischendurch mit einer angefahrenen Jeep-Karawane weiterer Touristen, die aus ihren Kutschen eilen, schnell ein paar Selfies schießen und wieder davon brausen. Wir denken an diejenigen Geologen zurück, die dieses Feuerloch wohl als erste bestaunen konnten. In Stille und Abgeschiedenheit. Und werden ein wenig neidisch.

Nachts kommt glatt Lagerfeuerromantik auf.
Am nächsten Morgen etwas weniger spektakulär, dafür mit unserem Zelt als Größenvergleich.

Nach einer überaus schleichenden Rückkehr mit einem Truckerfahrer zurück nach Ashgabat machen wir uns bereit für unsere Reise durch die Nacht. Im Schlafwagen soll es von der Hauptstadt nach Turkmenabat gehen und zusammen mit zwei Einheimischen teilen wir uns unsere vier Wände auf Zeit. Auch hier kommt es mit Übersetzungshilfe zu einem Plausch und selbst Nikolas ergattert in der ersten Etage ein Brot mit Wurst. Nach der Darstellung unserer Mitreisenden ganz klar ein Hamburger.

Auf dem langsamsten Ritt unserer Reise geht’s mit 55km/h die 250km zurück nach Ashgabat.
Im Schlafwagen nach Uzbekistan.

Die schwere Maschine zieht uns durch die Wüste und mit dem Blick nach draußen ziehen wir Resümee über unsere Zeit hier in Turkmenistan. Es waren merkwürdige und verstörende 4 Tage in diesem wunderlichen Land.
Auch Schönes war dabei, zum Beispiel das Meer bunter Kopfbedeckungen und farbenprächtiger Gadroben im Bus durchs Sperrgebiet nach der iranisch-turkmenischen Grenze. Die traditionellen Kleider sind mit ihren individuellen Stickereien eine Augenweide ohnegleichen und hüllen die weiblichen Körper hier in elegante und charmante Alltagsroben. Auch unsere kurzen Unterhaltungen an Bushaltestellen oder in der Bahnhofskantine schenkten uns ein Lächeln und hießen uns willkommen.

Gerne hätten wir mehr Zeit mit den Menschen verbracht, aber etwas erleichtert sind wir auch, als wir die Grenze zu Uzbekistan überqueren und endlich wieder hupende Autos und streitende Menschen hören.

Iran: Das Dilemma einer Generation

Der Iran hat einen tief sitzenden Eindruck bei uns hinterlassen, was vordergründig auf die kommunikationsfreudigen Iraner zurück zu führen ist. Wir haben uns manchmal gefragt, wie uns eine Reise durch dieses Land ohne Trampen und Couchsurfing gefallen hätte. Gewiss, Begegnungen können auch auf andere Weise zustande kommen. Aber oft waren es gerade diese Gelegenheiten, die, auch bedingt durch das gute Englisch vieler Couchsurfing-Hosts, einen guten Einblick in die Gesellschaft geben konnten.

Couchsurfing anzubieten, ist an sich schon eine kleine Auflehnung gegen das Regime, welches es seinen Bürgern in der Regel untersagt, tiefere Beziehungen zu Touristen aufzubauen. Nicht ohne Grund wird die Couchsurfing-Website vom Staat blockiert, genau wie der Messenger-Dienst Telegram und viele andere Websites wie Google oder Wikipedia, und ist nur mit Hilfe einer VPN-Anwendung erreichbar.
Auch Hostelbetreiber sind oft westlich orientiert und erlauben hinter geschlossenen Türen das Ablegen des Hijabs und Zusammenschlafen von unverheirateten Paaren.
Wir haben also in den meisten Fällen auch nur einen bestimmten Ausschnitt der iranischen Gesellschaft getroffen. Trotzdem hatten wir das Gefühl, die von diesem Ausschnitt geteilten Gedanken, Erzählungen und Einschätzungen betreffen eine breite Masse, eine Generation. Davon soll dieser Eintrag handeln.

Grafitti an den Mauern der ehemaligen US-Botschaft in Teheran.

Im Gespräch mit jungen Männern tauchte immer wieder die Wehrpflicht auf. Jeder Mann muss für 21 Monate zur Armee. 21 Monate, die von vielen als verschwendete Lebenszeit angesehen werden.
Wer studiert, kann seinen Dienst aufschieben, was jedoch dazu führt, dass ihn fast alle Studenten im Anschluss an ihr Studium absolvieren und ins Berufsleben starten, wenn die Hälfte des Stoffs schon wieder vergessen wurde.
Der Dienst selber ist verhasst und besteht vor allem aus Marschieren, dem Warten der längst veralteten Technik, dem Bewachen von Grenzanlagen oder Strammstehen, wenn hoher Besuch erwartet wird. Außer einigen Schießübungen stehen keine Trainings auf dem Programm. Ein Gefühl der Ohnmacht macht sich schnell breit angesichts dieser von sinnlosen Tätigkeiten gefüllten Zeit.
Wir treffen einige, die sich erfolgreich um den Dienst herummogeln. Einen Reisepass erhält nur derjenige, der einen absolvierten Dienst vorweisen kann. Wer jedoch zum Beispiel angibt, nach Kerbala im Irak reisen zu wollen, um an der Pilgerreise zu Ehren Husseins teilzunehmen, kann Glück haben und bekommt auf diese Weise seinen Pass ausgestellt. Wer viel Geld hat, kann sich freikaufen.
Und doch akzeptieren die meisten die Situation, aus Mangel an Skrupellosigkeit oder Geld.
In Baku treffen wir S., der Zahnmedizin studiert. Nach Ende seines Studiums wird er für lange Zeit nicht in sein Heimatland zurück kommen können. Er hat keine Lust, den Wehrdienst zu absolvieren, müsste seiner Pflicht jedoch nachkommen, wenn er in den Iran einreisen würde. Erst mit 50 Jahren fällt man schließlich aus dem Raster und darf straffrei wieder ein- und ausreisen.

Ein Lastentransporteur gönnt sich einen kurzen Moment der Rast.
Shiraz

Zudem wäre da die Sache mit der Islamischen Republik. Die allermeisten Couchsurfing-Gastgeber haben sich spätestens nach der Schule vom Islam abgewandt. Die Religion wird in Verbindung gebracht mit verhasstem Arabisch-Unterricht in der Schule, unsinnig altbackenen Gesetzen und der Beschneidung von persönlichen Freiheiten.
Einige interessieren sich wieder für die alte Religion der Perser, dem Zoroastrismus. Der Islam wird als ein von den Arabern vor vielen Jahren aufgezwungener Glaube angesehen, manche unserer Gesprächspartner sprechen gar vom Iran als einer von den Arabern kolonisierten Nation. Obendrein seien die geistlichen Führer des Landes keine Perser, sondern Irakis.
Durch Social Media machen umstrittene Entscheidungen der Gesetzeshüter und ihre Folgen schnell die Runde, beispielsweise als sich kürzlich das so genannte blue girl, eine junge Frau vor einem Gericht selbst entzündete und an den Folgen verstarb, nachdem sie erfahren hatte, dass ihr 6 Monate Haft drohen, weil sie als Mann verkleidet einem Fußballspiel ihres Lieblingsvereins beiwohnte.
Peitschenhiebe drohen immernoch jenen, die sich beim Alkoholgenuss erwischen lassen und selbst die Steinigung einer mutmaßlichen Ehebrecherin wurde noch 2011 praktikiziert.
Die Wut wächst, aber auch die Hilflosigkeit einer nicht organisierten und unterdrückten Generation tritt zutage.

Eine Revolution schließen die meisten jedoch aus. Zu tief sitzt bei einigen noch der Schock von 2009, als die Regierung die friedliche „Grüne Bewegung“ gewaltsam niederschlagen ließ. Eine starke politische Opposition gibt es nicht, was auch daran liegt, dass sich die reformwilligen Gruppierungen nicht auf ein gemeinsames Programm einigen können.
Andere fürchten im Falle einer politischen Umwälzung einen Bürgerkrieg, in dessen Folge sich die Großmächte der Welt nur zu gerne an iranischem Grund und Boden gütlich täten.
Und so wird sich im Untergrund arrangiert, um dessen Existenz die Regierung wohl weiß. Es wird geduldet, dass Techno-Parties an abgelegenen Orten gefeiert werden, dass Leute ihren eigenen Alkohol herstellen und kleinere Unternehmen keine Steuern zahlen.
Wir treffen beide: diejenigen, denen diese zugestandenen Freiheiten genügen und die, die trotzdem unter ihrem Land und seinen Restriktionen leiden und sich eingeengt fühlen. Beide eint die Hoffnung, dass die kleinen Zugeständnisse irgendwann eine neue Republik zutage fördern.

Im Land der Arier Teil III

Von Yazd geht es weiter nach Kerman, weiter in die Wüste. Der Trampergott ist uns auch diesmal gnädig gestimmt und schon nach kurzer Wartezeit sitzen wir im Auto von Mehdi und Fatimeh. Wir werden zu Eiskaffee mit Safran-Eis eingeladen, welches leider von Mal zu Mal mehr nach Rosenwasser als dem edlen Gewürz schmeckt, und erfahren, dass Mehdi ein angesehener Maler ist, der zu Aufträgen im ganzen Land unterwegs ist und seine Frau meistens mitnimmt.

Die beiden liefern uns punktgenau in die Arme von Danial, unserem Host in Kerman. Der sieht aus wie eine verschmitzte iranische Version von Albert Einstein und schnell kommen die Dinge ins Rollen. Wir haben vor allem den Schlenker Richtung Südosten genommen, um die spektakuläre Kalut-Wüste zu sehen, den heißesten Fleck der Erde. Nur wie wir dies am geschicktesten anstellen, war uns noch nicht klar. Die einzige Möglichkeit schien, eine teure Tour über einen der örtlichen Veranstalter zu buchen. Doch Danial grätscht in unsere Überlegungen. Er wäre im Moment eh arbeitslos und angesichts einer kürzlichen Trennung könne ihm ein wenig Abwechslung nur recht sein. Wir laden Proviant für die Nacht und seinen Kumpel Ali ein, der Englisch-Übersetzung studiert und bilden nunmehr ein lustiges Quartett.
Als wir eine Autostunde von Kerman entfernt im Wüstendorf Shahdad eine Pause einlegen, haut uns die Hitze fast um. Trotz der von uns einkalkulierten Vermeidung der Mittagsstunden zeigt das Thermometer um 4 Uhr noch 47°. Uns schwant, dass wir unsere Schlafsäcke heute Nacht wohl nicht brauchen werden und machen uns wieder auf den Weg.

Wer isn dat? – Ali und Danial in Shahdad.
Die Straße weit im Wüstensand
bald sind wir im Kalutenland.

Nach einer weiteren halben Stunde scheint sich am Horizont eine Stadt aus dem Sand zu schälen. Doch es sind die Kaluts, bis zu 70 Meter hohe Sandformationen, die der Wind über die Jahrtausende zu bizarren Gebilden geschliffen hat. Als wir kurz darauf auf einen der wenigen ausgefahrenen Wege von der Straße abbiegen, parkt außer uns noch ein Wohnmobil vor malerischer Kulisse. Danial ruft aus: „Das sind bestimmt Deutsche!“ und soll recht behalten. Die beiden Krefelder Nikolai und Jenny leisten uns alsbald Gesellschaft und es wird ein feiner Abend mit gebratenen Burgern und Sternschnuppen. Als die zwei am nächsten Morgen zeitig aufbrechen und Nikolai jedem von uns eine CD seiner Band in die Hand drückt, fällt mir wieder ein, woher ich sein Gesicht kenne: seine Kapelle „Provinztheater“ brachte uns vor einigen Jahren auf dem Fuego a la Isla in Chemnitz ins Schwitzen und ein damals gekauftes Band-Shirt schleppe ich tatsächlich seit 5 Monaten mit mir rum! Verrückte, schöne Welt.

Am Abend wandeln wir in warmer Sommerluft auf dem verträumten Ganjali Khan Komplex in Kerman und verabschieden uns am nächsten Tag nach einem wahnsinnig guten Kashke Bademjoom, einem Auberginen-Gericht mit Nüssen und Kashke, dem hiesigen Salzkäse, von Danial, unserem Lieblings-Wüstenführer.

Im Caravanserai des Ganjali-Khan-Komplex in Kerman
Auf dem Weg nach Shiraz im Salzsee.

Nach zwei Tagen erreichen wir Shiraz. Die Mutterstadt der berühmten im Umland angebauten Traube hat allerdings noch viel mehr zu bieten als den für die Bevölkerung eh verbotenen Wein. Wir machen in der leider wirklich sehr fotogenen „Pink Mosque“ viel zu viele Fotos, spielen mit unserer Gastgeberin Mahan Bubble-Soccer (googelt das mal…) und beißen in den leckersten Kebab des Iran.

Wie so vieles andere muss auch die Südküste auf einen Besuch von uns bis zu einem nächsten Mal warten, denn wir haben das Gefühl, für unsere geplante Weiterreise über Kirgisistan und China sollten wir uns nicht mehr allzu viel Zeit lassen, da der Sommer in seinen letzten Zügen liegt. Also geht es wieder nordwärts.
Wir haben das Glück, Puja, einen zweiten Ruslan, beim Trampen zu treffen, der uns nachts nicht draußen schlafen lassen will und unserer gesamten Fahrgemeinschaft ein Apartment in Isfahan inklusive des – natürlich nur inoffiziell – berühmten Dattelschnaps‘ spendiert, bevor es am nächsten Morgen nach Kashan weitergeht.

Puja drückt aufs Gaspedal und wir lassen die Landschaft auf uns wirken: oft fahren wir durch flache Täler, an deren Rändern Felsen emporragen, die trotz ihrer Karg- und Schroffheit immer wieder beeindrucken und deren zusammen gefügte Gesteinsschichten die unterschiedlichsten Formen und Farben annehmen und ein herrliches Spiel mit der untergehenden Sonne treiben.
Die weiten Ebenen, derer sich der Betrachter glücklicherweise nur selten ausgesetzt sieht, sind hingegen von langweilender Eintönigkeit und bieten dem Auge des Betrachters wenig Abwechslung.

Kashan trumpft vor allem mit seinen historischen Häusern der damaligen High Society auf, die unglaubliche Ausmaße annehmen und reichlich mit Stuckornamenten verziert sind. Leicht glaubt man hier, dass Kashan zusammen mit Shiraz zu den reichsten Städten der früheren Zeit gehörte. Wir spannen noch kurz aus, bevor wir uns endgültig vom Iran verabschieden.


Die Abholung des turkmenischen Visums bedarf nochmal unserer Vorstellung in Teheran und wir werden von Mehdi, einer U-Bahn-Bekanntschaft unseres ersten Hauptstadt-Besuchs, zu sich und seiner Familie eingeladen. Hier erleben wir einen der wärmsten Empfänge überhaupt. Am ersten Abend ist zufällig die gesamte Verwandtschaft mütterlicherseits anwesend. Wir werden bestaunt, befragt und schließlich sogar mit allerlei Kleinigkeiten beschenkt. Obendrein wird mal wieder aufgetischt und uns das beste Bett des Hauses zugewiesen.
Am nächsten Tag treffen wir Mori und Aryan wieder und schmieden schon Pläne für unsere nächsten Besuche. Denn soviel steht fest: wir wollen wiederkommen. Dieses Mal mit noch mehr Zeit und ein bisschen Platz im Gepäck für die ein oder andere Kostbarkeit.

Mit den coolen City-Dudes Mehdi, Mori und Aryan

Aber erstmal weiter Richtung Osten. Mashad ist unser letztes Ziel im Iran. Nach einem Zwischenstopp in Garmsar nimmt uns Mohammad, unsere 100. Mitfahrgelegenheit, die letzten 800km am Stück mit, von denen uns bestimmt auf 500 die eindrücklichen und immer wiederkehrenden Strophen eines schief singenden Mullahs begleiten, der immernoch den Tod des Märtyrers Hussein betrauert. Das hat man nun davon, wenn man, um Eindruck zu schinden, erzählt, man wolle sich in Mashad den Schrein Imam Rezas ansehen…

In der Stadt dann die ersten Wolken seit 4 Wochen. Den Schrein selber dürfen wir als Ungläubige nicht betreten, dafür bekommen wir für den überdimensionalen Rest der Anlage einen Führer zur Seite gestellt und werden im „Touristenzimmer“ mit Keksen, Wasser und einer Broschüre zum richtigen Verhalten einer Ehefrau beschenkt.

Als wir uns am nächsten Tag zum Grenzort Bajgiran aufmachen, liegt das Kapitel Iran hinter uns. 5 Wochen waren wir hier unterwegs und haben dank der Aufgeschlossenheit der Iraner viele von ihnen kennenlernen dürfen. Sicher haben wir uns immer gefühlt, aber auch die gedrückte Stimmung einiger unserer Gesprächspartner gespürt, die sich unfrei fühlen in diesem Land. Darum soll es im nächsten Blogeintrag gehen.