Von Yazd geht es weiter nach Kerman, weiter in die Wüste. Der Trampergott ist uns auch diesmal gnädig gestimmt und schon nach kurzer Wartezeit sitzen wir im Auto von Mehdi und Fatimeh. Wir werden zu Eiskaffee mit Safran-Eis eingeladen, welches leider von Mal zu Mal mehr nach Rosenwasser als dem edlen Gewürz schmeckt, und erfahren, dass Mehdi ein angesehener Maler ist, der zu Aufträgen im ganzen Land unterwegs ist und seine Frau meistens mitnimmt.
Die beiden liefern uns punktgenau in die Arme von Danial, unserem Host in Kerman. Der sieht aus wie eine verschmitzte iranische Version von Albert Einstein und schnell kommen die Dinge ins Rollen. Wir haben vor allem den Schlenker Richtung Südosten genommen, um die spektakuläre Kalut-Wüste zu sehen, den heißesten Fleck der Erde. Nur wie wir dies am geschicktesten anstellen, war uns noch nicht klar. Die einzige Möglichkeit schien, eine teure Tour über einen der örtlichen Veranstalter zu buchen. Doch Danial grätscht in unsere Überlegungen. Er wäre im Moment eh arbeitslos und angesichts einer kürzlichen Trennung könne ihm ein wenig Abwechslung nur recht sein. Wir laden Proviant für die Nacht und seinen Kumpel Ali ein, der Englisch-Übersetzung studiert und bilden nunmehr ein lustiges Quartett.
Als wir eine Autostunde von Kerman entfernt im Wüstendorf Shahdad eine Pause einlegen, haut uns die Hitze fast um. Trotz der von uns einkalkulierten Vermeidung der Mittagsstunden zeigt das Thermometer um 4 Uhr noch 47°. Uns schwant, dass wir unsere Schlafsäcke heute Nacht wohl nicht brauchen werden und machen uns wieder auf den Weg.
bald sind wir im Kalutenland.
Nach einer weiteren halben Stunde scheint sich am Horizont eine Stadt aus dem Sand zu schälen. Doch es sind die Kaluts, bis zu 70 Meter hohe Sandformationen, die der Wind über die Jahrtausende zu bizarren Gebilden geschliffen hat. Als wir kurz darauf auf einen der wenigen ausgefahrenen Wege von der Straße abbiegen, parkt außer uns noch ein Wohnmobil vor malerischer Kulisse. Danial ruft aus: “Das sind bestimmt Deutsche!” und soll recht behalten. Die beiden Krefelder Nikolai und Jenny leisten uns alsbald Gesellschaft und es wird ein feiner Abend mit gebratenen Burgern und Sternschnuppen. Als die zwei am nächsten Morgen zeitig aufbrechen und Nikolai jedem von uns eine CD seiner Band in die Hand drückt, fällt mir wieder ein, woher ich sein Gesicht kenne: seine Kapelle “Provinztheater” brachte uns vor einigen Jahren auf dem Fuego a la Isla in Chemnitz ins Schwitzen und ein damals gekauftes Band-Shirt schleppe ich tatsächlich seit 5 Monaten mit mir rum! Verrückte, schöne Welt.
Am Abend wandeln wir in warmer Sommerluft auf dem verträumten Ganjali Khan Komplex in Kerman und verabschieden uns am nächsten Tag nach einem wahnsinnig guten Kashke Bademjoom, einem Auberginen-Gericht mit Nüssen und Kashke, dem hiesigen Salzkäse, von Danial, unserem Lieblings-Wüstenführer.
Nach zwei Tagen erreichen wir Shiraz. Die Mutterstadt der berühmten im Umland angebauten Traube hat allerdings noch viel mehr zu bieten als den für die Bevölkerung eh verbotenen Wein. Wir machen in der leider wirklich sehr fotogenen “Pink Mosque” viel zu viele Fotos, spielen mit unserer Gastgeberin Mahan Bubble-Soccer (googelt das mal…) und beißen in den leckersten Kebab des Iran.
Wie so vieles andere muss auch die Südküste auf einen Besuch von uns bis zu einem nächsten Mal warten, denn wir haben das Gefühl, für unsere geplante Weiterreise über Kirgisistan und China sollten wir uns nicht mehr allzu viel Zeit lassen, da der Sommer in seinen letzten Zügen liegt. Also geht es wieder nordwärts.
Wir haben das Glück, Puja, einen zweiten Ruslan, beim Trampen zu treffen, der uns nachts nicht draußen schlafen lassen will und unserer gesamten Fahrgemeinschaft ein Apartment in Isfahan inklusive des – natürlich nur inoffiziell – berühmten Dattelschnaps’ spendiert, bevor es am nächsten Morgen nach Kashan weitergeht.
Puja drückt aufs Gaspedal und wir lassen die Landschaft auf uns wirken: oft fahren wir durch flache Täler, an deren Rändern Felsen emporragen, die trotz ihrer Karg- und Schroffheit immer wieder beeindrucken und deren zusammen gefügte Gesteinsschichten die unterschiedlichsten Formen und Farben annehmen und ein herrliches Spiel mit der untergehenden Sonne treiben.
Die weiten Ebenen, derer sich der Betrachter glücklicherweise nur selten ausgesetzt sieht, sind hingegen von langweilender Eintönigkeit und bieten dem Auge des Betrachters wenig Abwechslung.
Kashan trumpft vor allem mit seinen historischen Häusern der damaligen High Society auf, die unglaubliche Ausmaße annehmen und reichlich mit Stuckornamenten verziert sind. Leicht glaubt man hier, dass Kashan zusammen mit Shiraz zu den reichsten Städten der früheren Zeit gehörte. Wir spannen noch kurz aus, bevor wir uns endgültig vom Iran verabschieden.
Die Abholung des turkmenischen Visums bedarf nochmal unserer Vorstellung in Teheran und wir werden von Mehdi, einer U-Bahn-Bekanntschaft unseres ersten Hauptstadt-Besuchs, zu sich und seiner Familie eingeladen. Hier erleben wir einen der wärmsten Empfänge überhaupt. Am ersten Abend ist zufällig die gesamte Verwandtschaft mütterlicherseits anwesend. Wir werden bestaunt, befragt und schließlich sogar mit allerlei Kleinigkeiten beschenkt. Obendrein wird mal wieder aufgetischt und uns das beste Bett des Hauses zugewiesen.
Am nächsten Tag treffen wir Mori und Aryan wieder und schmieden schon Pläne für unsere nächsten Besuche. Denn soviel steht fest: wir wollen wiederkommen. Dieses Mal mit noch mehr Zeit und ein bisschen Platz im Gepäck für die ein oder andere Kostbarkeit.
Aber erstmal weiter Richtung Osten. Mashad ist unser letztes Ziel im Iran. Nach einem Zwischenstopp in Garmsar nimmt uns Mohammad, unsere 100. Mitfahrgelegenheit, die letzten 800km am Stück mit, von denen uns bestimmt auf 500 die eindrücklichen und immer wiederkehrenden Strophen eines schief singenden Mullahs begleiten, der immernoch den Tod des Märtyrers Hussein betrauert. Das hat man nun davon, wenn man, um Eindruck zu schinden, erzählt, man wolle sich in Mashad den Schrein Imam Rezas ansehen…
In der Stadt dann die ersten Wolken seit 4 Wochen. Den Schrein selber dürfen wir als Ungläubige nicht betreten, dafür bekommen wir für den überdimensionalen Rest der Anlage einen Führer zur Seite gestellt und werden im “Touristenzimmer” mit Keksen, Wasser und einer Broschüre zum richtigen Verhalten einer Ehefrau beschenkt.
Als wir uns am nächsten Tag zum Grenzort Bajgiran aufmachen, liegt das Kapitel Iran hinter uns. 5 Wochen waren wir hier unterwegs und haben dank der Aufgeschlossenheit der Iraner viele von ihnen kennenlernen dürfen. Sicher haben wir uns immer gefühlt, aber auch die gedrückte Stimmung einiger unserer Gesprächspartner gespürt, die sich unfrei fühlen in diesem Land. Darum soll es im nächsten Blogeintrag gehen.