Uns um einige Jahre Vorausreisende haben schon einen feinen Blogeintrag zu 17 Wunderlichkeiten des Iran verfasst. Die allermeisten konnten wir schmunzelnd bestätigt sehen und wollen hier nun einige mehr ergänzen. Viel Spaß!
18. Tea-Time bei voller Fahrt
Der tägliche Schwarztee ist den Iranern zwar nicht so heilig wie den Türken, aber auf einer langen Autofahrt auf ihn zu verzichten, ist trotzdem undenkbar. Wenn sich gerade keine Gelegenheit für ein Picknick auf dem Seitenstreifen ergibt, wird kurzerhand bei voller Fahrt eingeschenkt. Alles steht parat im Fußraum, von der Thermoskanne heißen Wassers über die schickste Porzellantasse des heimischen Servirs bis zum obligatorischen Keks. Dass bei nicht immer perfekten Straßenverhältnissen auch mal was daneben gehen kann, wird für eine gute Teezeit gern in Kauf genommen.
19. Wie neu!
Iraner sind stolz auf neue Errungenschaften. Und diese sollten dann bitte auch noch nach Jahren im besten Zustand sein. Also wird häufig die schützende Plastikverpackung an Ort und Stelle belassen, bis es wirklich nicht mehr anders geht.
20. Beton-Zeltplätze
Weil es die Iraner genau wie wir so lieben, zu picknicken oder auch mal ein Zelt aufzustellen, sind die meisten Parks dementsprechend präpariert. Fast immer gibt es eine Reihe aus Beton gegossener Plattformen für das Zuhause aus dünnem Stoff und ein Klohäuschen gleich nebendran. Campingplatz umsonst!
21. PIN? Achso, 4768!
Der bargeldlose Zahlungsverkehr wird im Iran noch weit mehr praktiziert als bei uns in Deutschland. Aber um die Sache noch weiter abzukürzen, wird auf das lästige Selber-eintippen des PINs lieber verzichtet. Man vertraut sich und so hört man oft den Kunden lauthals seine Geheimzahl durch den Laden rufen. Eigentlich kein schlechtes Zeichen für eine Gesellschaft…
22. Alarm für Kobra 11
…kennt hier jeder. Die deutsche Actionserie mit dem nicht alternden Hauptdarsteller Erdogan Atalay wird seit 1995 auch im Iran ausgestrahlt und hat hierzulande eine große Anhängerschaft. Wenn immer es um deutsche Produktionen geht, als erstes wird der RTL-Dauerbrenner genannt.
23. Dance of Knives
Zu Geburtstags- oder Hochzeitsfeiern wird der „Tanz der Messer“ vor dem Anschneiden der Torte praktiziert, indem jeder der Umstehenden zu ausgelassener Musik das Kuchenmesser der Reihe nach in die Hand nimmt und einige Moves vollführt. Wie wir seit „Ali und Nino“ wissen, ist diese Tradition auch schon seit langer Zeit im Kaukasus bekannt, wir wissen also nicht, ob es sich tatsächlich um etwas typisch Iranisches handelt. Schön anzusehen ist es allemal.
Die Augen geschlossen. Der Puls ruhig und entspannt bei 80 Schlägen pro Minute. Sowohl unsere Schenkel als auch unsere Zehen wiegen sich nach vielen Stunden tatkräftiger Unterstützung auf unserer Wanderschaft in glücklich entspannter Bewegungslosigkeit. Isomatten und Schlafsäcke frohlocken mit ihren weichen Eigenschaften und erwecken bei uns den Eindruck, wir wären selbst die aus dem Märchen bekannte Prinzessin – jedoch ohne Erbse – auf ca. 3200m Höhe, irgendwo inmitten der Berge des Alamut-Gebirges. Wir haben es tatsächlich geschafft! Gestartet im kleinen Dorf Haniz, (5 Stunden Autofahrt von Qazvin entfernt), bezwingen wir gemeinsam mit Mahan und Tiziano, einer Bekanntschaft aus Täbris, über 2000 Höhenmeter. Was unsere Fitness betrifft sind wir danach so hinüber wie – gefühlt – noch nie. Doch der Blick von dort oben auf die weite Bergelandschaft, wie auf den Siyalan (4123m und zum Greifen nahe), mit ihren hohen Gipfeln und tiefen Tälern stimmt uns zufrieden und froh. Wir genießen nach Zeltaufbau und Fertigsüppchen das funkelnde Sternenschauspiel am Nachthimmel und verkriechen uns schließlich müde, erschöpft und auch ein wenig stolz in unsere weichen Kokons.
Nach nur wenigen Stunden Schlaf jedoch klingt es nach Streit, dort droben in den Himmelsphären. Die Augenlider erwachen zu neuem Leben und der Puls schnellt in die Höhe. Während wir zuvor noch die nächtliche Ruhe genossen, veranstalten nun donnernde und blitzende Wettergespenster ein riesengroßes Gezeter. Unser Zelt ist umzingelt von starken, zischenden und fauchenden Winden. Ihre Gefährten sind starker Regen und Hagelkörnern von stattlicher Größe. Beim Versuch, mit Händen und Füßen der nun zunehmend furchteinflösenden Naturgewalt Einhalt zu bieten und jene Kräfte von unserem Zelt abzuwenden, scheitern wir kläglich. Unsere dünnen Wände winden sich von einer Seite zur nächsten, unser Zeltboden hebt sich an manchen Stellen, wie ein Raumschiff, bereit zum Abheben. Schließlich bahnen sich die ersten Tropfen den Weg durch den Lüftungsschlitz. Auch unser lautstarkes Fluchen beeindruckt niemanden da draußen und wir retten uns schließlich in die windgeschützte Hütte neben uns. Die einzigen Lichtblicke sind in jenen Minuten Nikolas‘ stramme Waden und Oberschenkel, die den anderen WanderInnen aus der Not heraus und eher unfreiwillig beim Eintreten des neuen Unterschlupfs präsentiert werden. Jenem Augenschmaus folgt der auf die islamische Etikette bezogene Kommentar von Mahan, dass Nikolas sich doch bitte etwas mehr bedecken möge…
Nach aller Aufregung erwartet uns auf nassen Isomatten und feuchten Schlafsäcken nur eine sehr kleine Mütze Schlaf.
Schadensbegutachtung mit Tiziano.
Am nächsten Morgen beginnen die Aufräumarbeiten auf dem zurück gelassenen Schlachtfeld. Wir suchen die Einzelteile unserer Zelte zusammen und machen uns nach kurzer Nahrungsaufnahme auf den Heimweg, zurück nach Qazvin und zur späteren Stunde am gleichen Tag weiter in Richtung Teheran.
Mori und Fara, unsere nächsten Gastgeber, warten bereits auf uns. Und da wir uns bei den beiden so wohl fühlen werden, verbringen wir nahezu zwei Wochen in der Gemütlichkeit des jungen Pärchens und ihren Freunden. Gleich bei unserer Ankunft erfahren wir über eine Besonderheit, die die folgenden Tage den September bestimmen werden. Neben den vielen großen und kleinen Fahnen und Bannern mit ihren bunten Schriftzügen auf schwarzem Grund, geben auch die vielen Stände auf den Bürgersteigen, an denen kostenlos süßer Saft und warme Speisen verteilt werden, Aufschluss auf das jährlich zelebrierte Ashura. Während des anstehenden Trauermonats gedenken schiitische Muslime Hussein Ibn Ali, Enkelsohn des islamischen Propheten Muhammed und Sohn des Ali. Nach dem islamischen Kalender lässt dieser am 10. Muharram, am 10. Tag des ersten Monats des Jahres, in der Schlacht von Kerbela sein Leben und wird bis heute als Märtyrer gefeiert und betrauert. Bei den allabendlich stattfindenden Trauerzügen wird der mehrere Meter hohe Nakhl, der den Sarg Hysain symbolisieren soll, begleitet von tiefen Trommelschlägen mit körperlicher Manneskraft durch die Straßen getragen. Dem Sarg folgen weitere Anhänger, die durch das leichte Schlagen auf die Brust (Sīnazanī) und ihren Gesängen den Zug begleiten. Die Selbstgeißelung ist in ihrer ursprünglichen Form mittlerweile verboten und wird nur noch symbolisch und längst nicht von allen Teilnehmern der Trauermärsche praktiziert.
Wir selbst sehen an unserem letzten Abend in Teheran einem Trauerschauspiel (Ta’ziya) zu Ehren Husseins zu. Während auf der Bühne die Schlacht in Kerbela beginnt, spricht uns ein junger Mann an. Ihm sei wichtig, zu erklären, dass es trotz des martialischen Schauspiels nicht um Gewalt oder gar Terrorismus ginge, sondern um die Liebe zu einem im schiitischen Glauben wichtigen Mann. Er macht uns nachdenklich und seine Erklärungen decken sich mit so vielen anderen Kommentaren Einheimischer und ihrem Bestreben, den Besuchern in ihrem Land immer wieder deutlich zu machen, wie friedliebend die Iraner sind und dass das medial erzeugte Bild ausschließlich auf einer von vielen nicht unterstützten Politik basiert.
Wir genießen die Zeit mit Fara, Mori und auch Arien, einem engen Freund der beiden, in vollen Zügen. Unser Lieblingskartenspiel „Walhalla“ stößt auch hier auf Begeisterung, wir kommen in den Genuss frischer Pistazien und anderer Leckereien und bekochen als Dank unsere neuen Freunde mit deftigen Bratkartoffeln und Karottenkuchen. Wir haben viel Zeit für Gespräche über ihr Land, was uns entgegen vieler Reisewarnungen und kritischer Medienberichte, in keinem Moment bedrohlich vorkommt und uns weiterhin ohne Unterlass freundlich empfängt. Mori, in unserem Alter, selbstständig und an beiden Armen reichlich tätowiert, meint, das jener Körperschmuck vor Jahren nahezu keine Akzeptanz in der Öffentlichkeit erfuhr, anders als in diesen Tagen.
Besonders in Teheran, aber auch an so vielen anderen Orten im Iran sehen wir besonders bei jungen Frauen den Hijab lediglich den Hinterkopf bedeckend und auch enge Hosen vertreiben häufig die geforderte weite Kleidung. „It needs some time“, so resümiert Mori an so manchem Abend die Veränderungen im eigenen Land. Und wir verstehen. Was sich allerdings durch jede Biographie unserer bisherigen (männlichen) Gastgeber zieht, ist die Auseinandersetzung mit dem verpflichtenden Militärdienst für 21 Monate. Erst danach kann beispielsweise ein Reisepass beantragt werden.
Tabiat-Brücke.
Henriette-Style in Teheran.
Nach den vielen Tagen in der Stadt und nach unseren vielen Bemühungen für Visa für China und Turkmenistan begeben wir uns an unseren letzten Tagen nahe der Hauptstadt gemeinsam mit Mori, Fara und drei weiteren Freunden in den Norden des Landes nach „kdlar dasht“ zu einem Offroadtrip mit Übernachtung. Früh am Morgen wird unser Gepäck in eines der vielen Allrad-Jeeps geladen und unsere Reise in die hier von vielen hier als „jungle“ beschriebene (ganzjährig) grüne Natur des Landes beginnt. Manch schlammbedeckter Boden birgt Herausforderungen für unsere großen Zugpferde, von denen zwischenzeitlich einige halb in der Versenkung verschwinden und nur mithilfe vom Star der Truppe, einem kleinen koreanischen Jeep aus Kriegszeiten mit unglaublichen Pferdestärken geborgen werden kann. Schließlich erreichen wir unser Nachtlager, an dem ausgelassen und heiter bei Tänzen ums Lagerfeuer das Leben gefeiert wird. Die vielen Buchen, die uns ein wenig an zu Hause erinnern, sind in Nebel gehüllt und manch kleiner Regentropfen schafft es durch das dichte Blattmeer der Gipfel hindurch und landet schließlich auf dem laubbedeckten Boden. Diese Nacht wird uns, nicht wie im Alamut Gebirge, ruhig und wohlig warm schlafen lassen und wir sind dankbar, mitgekommen zu sein.
Nach unserem längeren Aufenthalt bei Mori und Fara soll es nun weiter gehen. Mit unserem Stop in Esfahan nähern wir uns den Wüstenregionen des Iran. Wir verbringen an jenen Tagen ein paar schöne Stunden mit unseren Bekanntschaften Aref und Aygin und wandeln im wunderschönen Yazd zwischen den magischen einstöckigen Lehmhäusern, die sich vor der Sonne schützend aus dem Boden erheben, umher.
Isfahan – was für eine Pracht!
Nach unseren ersten 3 Wochen in Iran finden sich zahlreiche Fotos von uns auf Smartphones von Einheimischen und die Lust auf weitere Schnappschüsse von Seiten der BesitzerinInnen, sowie der Austausch von Kontakten will nicht abreißen. Es ist anders als in den Ländern zuvor und der anhaltenden Aufmerksamkeit ist manchmal nicht leicht zu begegnen. Gleichzeitig sind wir sehr froh, so offen empfangen zu werden. Es könnte einen wohl wesentlich schlechter treffen.
„Welcome in Azerbaijan!“, ruft uns ein junger Mann aus seinem Shop zu. Wir zucken zusammen, bedanken uns kurz und schauen uns an. Sind wir etwa in eine Und-täglich-grüßt-das-Murmeltier-Schleife geraten? Eigentlich wähnten wir uns in Täbriz, Iran, unserer ersten Station nach einer nervenaufreibenden Grenzüberquerung. Das letzte, was wir jetzt gebrauchen können, ist es, diese Prozedur nochmal über uns ergehen zu lassen. Schon bald können wir erleichtert aufatmen, denn neben dieser etwas verwirrenden ersten Begrüßung stellen wir schnell fest: wir sind richtig. Das Straßenbild hat sich deutlich verändert und auch die Schriftzeichen können wir nicht mehr entziffern. „Welcome in Iran/Tabriz/our city!“ schallt es nun auch aus anderen Winkeln der Stadt in unsere Richtung. Die IranerInnen sollen die nettesten Erdbewohner überhaupt sein, haben wir zuvor in mehreren Reiseblogs gelesen. Und es scheint wirklich so. Wir fühlen uns sofort willkommen, ohne das Gefühl zu haben, dass sich uns zu aufdringlich genähert wird. Höfliche Distanz wird gewahrt, doch die vielen neugierigen Blicke bemerken wir natürlich und fühlen uns ein wenig an Südafrika erinnert. Nach knapp einer Stunde haben wir schon 3 Täbrizer kennen gelernt und auch unser Schreckensmoment vom Morgen klärt sich auf. Wir sind in der Region Ost-Aserbaidschan gelandet. Über 15 Millionen AserbaidschanerInnen leben in Iran und damit knapp 20% der Gesamtbevölkerung, die meisten hier. Fast alle TäbrizerInnen sprechen auch Azeri, oder wie sie sagen, Türkisch, da sich beide Sprachen sehr ähneln. Wir bekommen Tipps rund um die Stadt und obendrein noch Telefonnummern, die wir ohne zu zögern wählen sollen, wenn wir Hilfe benötigen. Wir werden hier eine gute Zeit haben, denken wir uns und schlendern weiter. –
2 Wochen sind wir letzten Endes in Baku und können es am Ende kaum noch erwarten, endlich weiterzufahren. Das Visum für den Iran zieht sich in die Länge. Erst stellt sich heraus, dass das von der iranischen Regierung angepriesene E-Visum-System nicht funktioniert, dann drängen sich eine Handvoll Feiertage zwischen unsere Pläne.
Vorgeschmack auf den Iran…
Aber endlich ist es soweit und wir können wieder an die Straße. Weil es tagsüber so heiß ist, beginnen wir erst am späten Nachmittag zu trampen. Trotzdem kommen wir gut voran und übernachten noch ein letztes Mal in Aserbaidschan, kurz vor der iranischen Grenze und nahe der Kleinstadt Bilesuvar. Von einem hilfsbereiten Melonenverkäufer lassen wir uns bei einem kleinen Rundgang seine Felder erklären. Auch er baut die für die Region bekannte Baumwolle an und verzückt halten wir das erntereife flauschige Produkt in unseren Händen. Am nächsten Tag kommen wir etwas übermüdet an der Grenze an und freuen uns schon diebisch auf das, was dahinter kommen mag. Kurz erstarren wir, als der Beamte bei der ersten Passkontrolle mit dem Kopf schüttelt, um dann doch nur zu sagen: „no problem“. Doch so einfach ist es dann leider doch nicht. Uns wird die Ausreise aus Aserbaidschan verwehrt, weil wir uns von der Migrationsbehörde nicht registrieren ließen. Eine für uns eindeutige, doch anscheinend falsch interpretierte Formulierung auf dem Visum hatte uns in der Gewissheit gelassen, dies wäre nicht nötig. Jetzt sollen wir ins 150 km entfernte Lenkeran, um die Papiere in Ordnung zu bringen. Stinksauer und hundemüde machen wir auf den Weg. In der Stimmung wollen nicht trampen und nehmen den Bus. In der Behörde werden wir aufgeklärt: entweder wir bezahlen eine Strafe von 150 Euro pro Nase oder wir werden des Landes verwiesen, bis wir die Strafgebühr entrichten. Dankend entscheiden wir uns für die zweite Option, doch bis wir die dies bestätigenden Zettel in den Händen halten, ist es schon wieder zu spät, um über die Grenze zu gehen, die zudem noch eine Stunde entfernt ist. Außerdem brauchen wir dringend eine Mütze Schlaf. Die günstigste Option in Lenkeran ist ein bezahlbares 4-Sterne-Hotel und wir lassen es uns nach dem Stress so richtig gut gehen, bevor wir am nächsten Tag frisch geduscht den zweiten Grenzpunkt, Astara, anpeilen. Doch auch hier will man uns nicht durchlassen. Beim Ausstellen der Papiere hätten die Beamten vergessen, uns aus dem System zu löschen. Wir sollen nochmal hin, aber das ginge erst in 2 Tagen, jetzt sei schließlich Wochenende. Wir haben mittlerweile wirklich genug von diesem Land und lassen uns nicht abwimmeln. 5 Stunden und einige Telefonate später dürfen wir dann doch noch gehen und tun dies mit großer Bereitwilligkeit.
Weil wir hier wegen angeblicher Schlangengefahr nicht im Stroh schlafen dürfen…
… finden wir für unsere letzte Nacht in Aserbaidschan ein Hotel nur angebracht.
Die Einreise in den Iran ist problemlos und dann sind wir da. Endlich! Alles ist aufregend und neu. Henriette muss Kopftuch und lange weite Kleidung tragen, im Bus sitzen Männer und Frauen getrennt und überhaupt haben wir das Gefühl, es gibt tausend geschriebene und ungeschriebene Regeln in diesem islamischen Land, in dem als Strafe auf Alkoholgenuss Peitschenhiebe und auf Ehebruch Steinigung stehen. Wir lassen uns beim ersten Geldwechsel gnadenlos übers Ohr hauen, weil wir nicht wissen, dass der Dollar eigentlich das dreifache vom offiziellen Kurs wert ist. Bei all unserer umfangreichen Recherche – auf die Info sind nicht gestoßen.
Nach Ardabil schaffen wir es noch per Anhalter, aber es ist schon spät und wir sind noch etwas überfordert. Wir teilen uns ein Taxi mit 2 anderen Reisenden und fahren die letzten 3 Stunden nach Täbriz.
Wir bleiben nur anderthalb Tage, doch die lassen uns jetzt schon in süßen Erinnerungen schwelgen. Wir sehen uns die Blaue Moschee, den größten überdachten Basar in Iran und monströse Perserteppiche an. Couchsurfer-Host Parisa kann uns zwar leider nicht bei sich aufnehmen, nimmt sich aber zwischen zwei Schichten dennoch die Zeit, uns in die kulinarischen Genüsse der Stadt einzuführen. In der Dämmerung treffen wir Mr. Ali und haben auf den nächtlichen Straßen einen Heidenspaß im 1977-Mercedes.
Mr. Ali ist eine Stadtbekanntheit, die jeden Touristen in seine Nähmaschinen-Reparaturwerkstatt zu Chai, Schokolade und einem Eintrag in eines seiner zahlreichen Gästebücher einlädt.
5 Stunden dauert die Fahrt nach Qazvin, unserer nächsten Station. Wir werden von Eshan mitgenommen und fahren vorbei an bunten Bergen, kleinen grünen Oasen und Schaf- und Kamelherden. Mahal, unser Host hier, muss die nächsten 2 Tage für seine Uni-Prüfungen lernen, aber wir werden wieder mal von der Gastfreundlichkeit der Iraner überrascht. Mara, ein weiterer Couchsurfing-Kontakt, lädt uns ein, mit ihr und ihrer Cousine die Gegend zu erkunden. Wir fahren nach Soltaniye und Zandschan und lassen uns abends Karottensaft mit Eis und Qazvin-typisches Baklava mit Safran schmecken, das ein wenig an deutsches Marzipan erinnert.
„It’s not a big deal“, ist Mahals Lieblingssatz. Alles easy peasy also? Wir haben das Gefühl, das ist der Eindruck, den uns die meisten Iraner vermitteln wollen. Jeder versucht, es uns bequem und schön zu machen in diesem widersprüchlichen Land. Aber Mahal sagt auch: „You are living my dream“ und unsere deutschen Privilegien werden uns wieder mal bewusst. Wer als Iraner reisen will, hat mit einem schwachen Pass, einer schwachen Währung und einer Menge Vorurteilen zu kämpfen. Umgekehrt wird sich über jeden, der Lust hat, den Iran kennen zu lernen, aufrichtig gefreut.
Aufbruchstimmung. We’re on the road again. Johnny Cash’s Poesie flößte uns bereits Jimmy zu seinen inspirierenden Musikmahlzeiten in Ratcha ein und performte selbst die ersten Zeilen, wenn er zur späteren Abendstunde am Lagerfeuer erschien.
Klangvoll folgt ihm das uns kutschierende Partypärchen Nino und Sabbi, gefühlt ohne Tempolimit auf den georgischen Straßen unterwegs, die jenes Lied und noch ganz andere bis zum Anschlag des Volumenometers aufdrehen und uns von Ratcha nach Tiflis mitnehmen.
Das erste Mal seit sechs Wochen sind wir wieder zu zweit. Keine Lotti und kein Piet. Keine großen und kleine Menschen, denen man vertraut in die Augen blickt. Ein bisschen merkwürdig ist das anfangs schon, aber in Windeseile ist es gleichermaßen auch wieder ziemlich schön, zu zweit und unterwegs in neue Gefilde zu sein. Glenn, ein belgischer Aussiedler, den wir noch von Giorgis Geburtstagsparty in Mlashe kennen, lockt uns am Abend in für uns noch ganz unbekannte Ecken von Tiflis. Mit genussvollem Blick in den Sternenhimmel über den Dächern der Stadt heißt es nun wirklich langsam Abschied von Georgien nehmen.
Wie, ihr wollt schon weg?
Am dritten und letzten Städtetag schlendern wir zum wohl einzigen Briefkasten in ganz Tiflis, schicken ein paar Zeilen in die Welt und begegnen auf den Brücken und Straßen noch einmal den vielen älteren Menschen der Generation unserer Großeltern, die einige wenige Habseligkeiten und Raritäten auf kleinen Deckchen oder Schachteln den Schlenderern im Schatten der prallen Sonne schmackhaft machen wollen. Mit den wenigen Einnahmen scheinen die Gedanken der VerkäuferInnen hier viel mehr um das Sichern der eigenen Existenz zu kreisen und nicht wie bei uns um die Reduzierung des Kleidungsbestands.
Wir verlassen mit dem Bus die gefüllten Straßen und werden vom Stadtrand nach und nach von netten Erdbewohnern im Auto und Truck in Richtung Azerbaidschan mitgenommen. Der schüchterne Georgier Giorgi, alias Michael Schumacher, zeigt uns, mit sicherer Hand am Schaltknüppel, wie sein Motor bei hoher Geschwindigkeit nur so schnurrt und wir landen schließlich an unserem letzten Schlafplatz in Georgien. In sicherem Abstand zum miefenden Flussufer auf staubigem Untergrund, können wir den Sternenhimmel durch unser Innenzelt betrachten und werden am Morgen vom Rauschen der Blätter geweckt. Das am Vortag am Straßenrand erstandene Ei versüßt uns das morgendliche Speisen und nach einer kurzen musikalischen Einlage von Bella Ciao auf der Ukulele sitzen wir zwei Glückskekse in unserer nächsten Mitfahrgelegenheit und erreichen schon bald nahe Lagodechi die Grenze zu Azerbaidschan.
Fix und ohne Probleme können wir bald die neuen Stempel in unseren Pässen entdecken und erkennen alsbald ein interessantes Feature des Landes: Ladas. Die meist noch in der Sowjetunion gebauten Autos prägen hier sichtbar das Straßenbild. An einem Taxistand in Zaqatala bildet sich zu unserer Überforderung in Windeseile um uns eine stattliche Traube interessierter Männer. Zwei taubstumme ältere Herren erbarmen sich und nehmen uns in ihrem – natürlich – Lada mit. Der Sohn mit uns auf der Rückbank untergebracht, reguliert mit einer kleinen Fernbedienung die Lautstärke der nachträglich eingebauten Boxen, die in keinem der alten Gefährte fehlen dürfen, und die beiden Herren auf den vorderen Sitzen gestikulieren mit so kraftvollen Gesten, dass bei Nikolas zwischendurch der Eindruck entsteht, es könnte für uns lebensgefährlich werden. Nach eingelegtem Stop für ein paar Selfies fährt uns das Trio kreuz und quer durch Sheky, um uns einen guten Platz zum Weiterkommen zu sichern. Sie bleiben uns ganz liebenswert in Erinnerung.
Erster Glücksgriff am nächsten Tag ist Orhan. Unser Tagesziel liegt genau auf seiner Strecke. Beim Blick aus dem Fenster sehen wir immer wieder ausgetrocknete Flussbetten, die in flache und relativ karge, unbewohnte, weite Landschaften übergehen. Wir erfahren, dass der September und das Ende des Sommers den Regen und die Flüsse zurückbringt und sind beruhigt, dies zu hören. Doch neben Busch und Baum sieht man des Öfteren auch dem früheren Präsidenten von Azerbaidschan auf den vielen großen Plakaten in die Augen. Da er nicht lächelt macht dieser Anblick nicht sonderlich viel Freude. Auch die Ahndung von Verkehrsdelikten scheint uns etwas zweifelhaft, wie auch Orhan, der für das Überholmanöver bei durchgezogenener Linie vom Polizisten um etwas Taschengeld gebeten wird. („Azerbaijan police is different to German police“)
Mit einer geschenkten Melone in unseren Händen verabschieden wir einander in Şamaxı, um kurze Zeit später im Geländewagen von Ruslan zu sitzen. Aus einer kurzen Frage nach einer Empfehlung für einen einfachen Imbiss, finden wir uns zu dritt im 5-Sterne-Märchenhotel-Restaurant in den Bergen im Nirgendwo wieder, wohl gemerkt total underdressed, und riskieren vorsichtig einen Blick in die Speisekarte. Die Preise können wir gerade noch so verkraften und so verzehren wir ein unglaublich gutes Mahl in netter Begleitung. Während wir den in sehr viel Butter geschwenkten Reis mit getrockneten Früchten und Nüssen verzehren, erzählt uns Ruslan derweil von seinem Beruf als Feuerwehrmann und seinem heutigen zweiten Urlaubstag nach 18 Monaten Arbeit.
In den Bergen über Lahic.
Abschied von Ruslan.
Da es für die Schlafplatzsuche eigentlich noch zu früh ist und auch Ruslan nicht genau weiß, was er mit der ganzen vor ihm liegenden freien Zeit anfangen soll, unterbreitet er uns den Vorschlag, gemeinsam ein wenig die Natur Azerbaidschans zu entdecken. Zu mal wieder voll aufgedrehter Rapmusik starten wir in die Berge, probieren am Straßenrand unsere ersten Qutab (dünn ausgerollter Teig gefüllt mit Hammelfleisch, gebacken auf gewölbter Gusseisenplatte) und zählen während der Fahrt durch die Berglandschaften die vielen Schafe mit ihren Hirten. Mit geschärftem Blick geben dabei auch die Jurten wie kleine blaue Punkte in der Landschaft ihre Existenz preis. Gern würden wir hier oben übernachten, aber da hier nur wenige Autos unterwegs sind, wollen wir lieber einen Platz außerhalb von Şamaxı suchen. Ruslan hat jedoch andere Pläne und überrascht uns mit einer von ihm im Moment nicht genutzten Wohnung. Wir sind hin und weg und nehmen dieses unschlagbare Angebot ohne mit der Wimper zu zucken an. Wir schlafen gut und bedanken uns mit selbst gemachten Eierkuchen am Morgen zum Frühstück bei unserem Gastgeber.
Nach kurzem Abschied am Straßenrand wollen wir es zu Rauf, unserem Couchsurfer aus Khirdalan, einem Vorort von Baku, schaffen und erleben zum ersten Mal die Wirren des azerbaidschanischen Autoverkehrs. Der wichtigste Bestandteil eines jeden Autos ist hier die Hupe und wir sind einfach nur sehr glücklich, als wir unser neues Nest beziehen dürfen und ankommen.
In den fünf Tagen in Khirdalan bekommen wir die Möglichkeit, ein wenig einzutauchen ins Familienleben von unserem Gastgeber. Raufs Mutter verwöhnt uns mit ihrer Gastfreundschaft in Hülle und Fülle. Sie erinnert uns mit ihrer Rastlosigkeit und körperlichen Stärke an so manch anderes älteres Familienmitglied auf unserer Reise und hinterlässt eindrücklich ein paar schöne Spuren in unseren Köpfen.
Anschaulich werden wir kurzerhand auch über das anstehende Islamische Opferfest Kurban Bayram aufgeklärt. Der Vater hält seine zwei scharfen Messer bereit und der von ihm auserwählte junge Hammel wird im Garten geopfert.
[Mit umgerechnet 75€ für solch ein Tier ist dieses Ritual für viele AserbaidschanerInnen ein ziemlich teures Glaubensbekenntnis.]
Bei Rauf und seiner Familie.
Im Vergleich zu diesen alten Riten und den mit Ruslan erkundeten Berglandschaften im Norden Azerbaidschans erleben wir die aus den Ölschätzen erbaute moderne Stadt Baku, die am niedrigsten gelegende Hauptstadt der Welt, als eine Stadt des radikalen Gegensatzes.
Strandausflug.
Mit den riesigen Bauten aus Glas, in denen sich die vielen anderen Wolkenkratzer mit ihren edlen und aufstrebenden Silhouetten betrachten können, werden wir als Besucher in dieser Stadt am Abend von den vielen Lichtspielen auf den Fassaden der Fußballstadien und Wahrzeichen der Stadt, den Flametowers, in eine ganz andere, surreale Welt gezogen. Wir sollen wohl verzaubert werden.
In den nächsten Tagen schweift unser Blick des Öfteren hinaus aufs Kaspische Meer mit in der Ferne zu erkennenden Bohrinseln. Wir erfahren noch ein wenig mehr über den alten Stadtkern, der allein mit 4 Unesco-Weltkulturerbe-Stätten aufwarten kann.
Doch langsam merken wir. Wir haben genug. Sehenswürdigkeiten und Strandmomente haben unsere Tage gefüllt. Immerhin gibt es ein Wiedersehen mit Jan und Franni, die uns bei einem Ausflug zu den Schlammvulkanen nach Qobustan für einen Tag aus der Großstadt entführen.
Besuch der Schlammvulkane bei Qobustan in herrlicher Mondlandschaft. Der Italiener fortgeschrittenen Alters stürzte sich kurzerhand zusammen mit 2 ortskundigen Boys in den heilenden Matsch.
Wir denken erneut an Johnny Cash und unser Herzen und Füße sehnen sich nach Straße und Trampen. In den Iran. Durch die tägliche Lektüre über dieses Land fühlen wir uns bereits in diesen Tagen in eine aufgeregte Stimmung versetzt. Doch das Visum lässt auf sich warten. Wir hängen fest, schlagen uns die verbleibende Zeit um die Ohren und hoffen auf baldiges GO in den nächsten Tagen.
P. S.
Das war übrigens unser erster Eindruck von Azerbaidschan, der uns noch in Georgien zugespielt wurde…
Glücklicherweise fanden wir später heraus, dass es auch derlei Musik gibt…
Wir kommen nicht weg aus Georgien. Zu nett ist es mit den Leuten hier, zu viele Möglichkeiten ergeben sich und manchmal ist es auch das georgische Verständnis von Zeit, welches unseren Plänen gegenüber steht, sie betrachtet und dann gnadenlos über den Haufen wirft.
So ist zum Beispiel aus dem vorgesehenen 2-Tages-Trip zu Matso und Natia eine elftägige Reise durch den mittleren Westen Georgiens geworden. Doch dazu gleich mehr.
Mit unseren Gastgebern Giorgi und Linda (oben Mitte und rechts) und Jan und Franni.
Als wir vor 2 Wochen Giorgi, Linda, Noah, Paada, Thea und dem Bauarbeiter Dato, der ebenfalls fast immer vor Ort war, Lebewohl sagen, fällt uns der Abschied schwer. Dreieinhalb Wochen waren wir in Mlashe und seine Bewohner sind uns sehr ans Herz gewachsen. Die letzten Tage warten wir auf Nachricht von Matso und sitzen auf leicht glühenden Kohlen, aber dessen Ankunft in seinem Sommerhaus in Ratcha verzögert sich.
Immerhin entgeht uns somit nicht das Konzert von Giorgis Lieblingsband. „33a“ machen georgischen Folk mit Reggae-Einflüssen und ihr Sänger Niaz Diasamidze ist eine Ikone im Land. Wir überlassen die Hunde von Jan und Franni sowie Giorgis und Lindas Sohn Noah Babysitterin Thea und machen einen herrlichen letzten gemeinsamen Ausflug nach Tiflis. Nach einem energiegeladenen Auftritt über den Dächern der Stadt fahren wir beseelt zurück und lassen einen schönen Abschluss nachwirken.
Henriette in Erwartung.
The one and only Niaz Diasamidze.
Weiter soll es gehen. Ratcha wird von seinen Bewohnern (natürlich) als die schönste Region Georgiens angepriesen und wir sind gespannt auf die frischeste Luft, das klarste Wasser und die ältesten Wälder (kleiner Fun-Fact: 90% aller europäischen Weihnachtsbäume entstammen Samen von Zapfen aus Ratcha).
Jan und Franni haben das gleiche Ziel und sind so nett, ihr halbes Auto auszuräumen und ein Zwischenlager in Giorgis Garage einzurichten, damit wir mitfahren können. Die nächsten Tage ist Luxus-Reisen für uns angesagt. Wir sind nicht aufs Trampen angewiesen und müssen uns noch nicht einmal um einen Platz zum Zelten kümmern, weil die beiden schon seit 2 Monaten im Lande sind und zielgerichtet die herrlichsten Stellen anfahren. Wir besuchen eine alte Felsensiedlung in der Nähe von Stalins Geburtstagsstadt Gori und treffen am Shaori-Stausee zwei russische Pärchen, mit denen wir einen lustigen Abend am Lagerfeuer verbringen. An Henriettes Geburtstag campen wir in unmittelbarer Nähe einer heißen Schwefelquelle, an der wir uns nur der zahlreichen ausgemergelten Streunerhunde beim Frühstück erwehren müssen. Einen Kuchen können wir weder auftreiben noch backen und so machen wir es uns am Ufer eines nahe gelegenen Flusses gemütlich und spielen Karten. Am Abend sind wir die einzigen Gäste in einem rustikalen kleinen Hotelrestaurant und stoßen auf das Geburtstagskind an.
Cave City Bewohner.
Das Feuer am Shaori-Reservoir war sehr widerspenstig.
Aber wir warten immernoch auf Nachricht von Matso und seiner Familie. Aus einem morgen wird ein übermorgen und so weiter. Aber noch wollen wir nicht aufgeben. Nur eine Dusche wäre mal wieder schön und so steuern wir das Guesthouse von Matsos Freunden Vako und Tamara an, welches schon in Ratcha liegt. Als wir am Abend Vako nach einer schönen Wanderroute für den nächsten Tag fragen, bietet er uns kurzerhand an, mitzukommen. Wir wandern hinauf zu den Nine Crosses, einem Wallfahrtsort über den Wolken und sind schwer beeindruckt. Schon total kaputt, zeigt Vako uns im Anschluss noch eine riesige Höhle und einen idyllisch gelegenen Wasserfall. Das hat sich mal gelohnt! Wir haben Lust, etwas zurückzugeben und machen mit Vako einen Deal. Wir helfen ihm bei anstehenden Arbeiten auf dem Gelände und dürfen dafür umsonst neben dem Hostel zelten. In den nächsten Tagen harken wir Heu, hacken Schnittreste und bekochen uns am Abend gegenseitig. Zwischendurch bringen wir Jan und Franni das Skatspielen bei und gewinnen begeisterte Mitspieler, die von nun an jede Gelegenheit wahrnehmen, um uns die Trümpfe aus der Tasche zu ziehen.
Das Schwein, Henriette und die Tür.
Das Garemo-Guesthouse in der Nähe von Ambrolauri.
Vako zeigt uns einen Wasserfall.
Auf dem Gipfel der Nine Crosses. Auf dem Weg zurück. Lotti hatte sich bei den heißen Schwefelquellen die Beine verbrannt und hat den Runtertrage-Service bestellt.
Und dann endlich bekommen wir das Go. Matso und Co kommen zwar erst in der Nacht an, aber wir können schonmal vor dem Haus unser Zelt aufbauen. Wenig später kommt ein Freund Matsos vorbei, schließt Wasser und Strom an und erzählt uns von der am nächsten Morgen anstehenden Jagd auf einen den örtlichen Bauern unbequemen Bären.
Den kriegen wir in den nächsten Tagen zwar nicht zu Gesicht, dafür eine Menge Kühe und Bäume. Während die Vormittage verlümmelt werden, machen wir nachmittags ausgedehnte Spaziergänge durch die wahrlich herrlichen Wälder, zu Höhlen und unterirdischen Seen oder fahren mit den Mountainbikes Matsos nach „Kanada“. Unsere Gastgeber wollen hier für 3 Monate der Großstadt entfliehen und auch wir lassen die Seele baumeln…
Matsos Großvater war ein angesehener Mann im Dorf. Als praktizierender Arzt ließ er sich manchmal per Helikopter aus Tiflis einfliegen, wenn es eine Notsituation gab.
Ratcha Eindrücke…
Mit crazy Jimi waren wir viel unterwegs.
„Kanada“!
Es ist wunderschön, von den Leuten hier so unvoreingenommen und herzlich aufgenommen zu werden. Wir dürfen zu Gast sein und es uns ein wenig bequemer machen, als wir es sonst haben. Aber nach gut anderthalb Monaten treibt es uns weiter, die Welt ist noch so groß! Und so verabschieden wir uns vor 2 Tagen von diesem Ort, der alle Versprechen, die uns seine Bewohner gaben, einhielt. Wir verabschieden uns auch von Natia und Matso, ihrer kleinen Tochter Lile, und Jimi, Anka und Töchterchen Tuta, einer zweiten befreundeten Familie, die uns ebenfalls die Zeit dort versüßt hat. Und von Jan und Franni nebst ihren Hunden Piet und Lotti (was auf Georgisch im Übrigen „Alkoholiker“ bedeutet), die noch ein wenig bleiben wollen. Mit den vier Knallerbsen waren wir nun über einen Monat zusammen unterwegs. Zum ersten Mal seit Beginn der Reise waren wir länger als nur ein paar Tage mit uns vorher unbekannten Menschen zusammen. Wir lernen von den beiden Reiseerprobten leckere On-the-road-Rezepte, wie man ein Zelt flickt und dass ein Joghurt-Kurkuma-Gemisch gegen Dornenwarzen hilft. Auch die Hunde akzeptierten uns schnell als Teil der Crew. Piet ist am Ende sogar uns zweien gefolgt, wenn wir zu einer Erkundungstour aufbrachen und ihm langweilig war. Mal sehen, vielleicht sieht man sich schneller wieder, als man denkt…
Das und noch mehr wird bleiben von unserer Zeit hier und die wohlige Erkenntnis, dass wir Georgien noch lange nicht vollständig, aber doch so gut wie kein anderes Land unserer bisherigen Route kennengelernt haben.
Jetzt sind wir noch einen Tag lang in Tiflis, kaufen Zahnpasta und ein neues Schneidebrett, während wir auf Rückmeldung der iranischen Botschaft warten. Doch zunächst will sowieso erstmal Azerbaidschan entdeckt werden!