Nachdem wir Pécs mit frisch gewaschener Wäsche und letzten, von Lisa und David bereitgestellten, Snacks verlassen, ist uns das Tramperglück erstmal nicht so hold. Bis 5 km vor die ungarisch-kroatische Grenze schaffen wir es noch ganz gut, doch dann ist erstmal Sense. Samstag Nachmittag, knackige Sonne und kein Auto unterwegs ins Nachbarland. Dabei wollten wir es eigentlich heute noch nach Belgrad schaffen! Wir laufen also los, passieren die Grenze und laufen noch 2 km weiter, bis uns endlich ein süßer Opi bis ins nächste Dorf mitnimmt. 3 Autos und die Erkenntnis, dass das heute trotzdem nichts mehr mit Serbien wird später sitzen wir bei Katharina im Kleinwagen, die uns irgendwie ganz klasse findet und sich rührend darum kümmert, dass wir zumindest noch zu einem guten Fleckchen Wiese für die Nacht finden. Sie erinnert sich an ein kleines Kapellchen am Rand eines Parks in ihrer Heimatstadt Vukowar und siehe da – gerade wird der Rasen frisch gemäht und der Priester hat nach kurzer Überzeugungsarbeit Katharinas nichts dagegen, dass wir unser Zelt aufschlagen. Eine hauseigene Quelle sprudelt auch unterm Altarraum, nur die Äußerung Katharinas im Anschluss an ihr Gespräch mit dem Geistlichen lässt uns kurz inne halten. Sie wäre froh, dass das jetzt alles so gut gegangen sei, schließlich hätte sie den orthodoxen serbischen Priester auf kroatisch angesprochen. Wir haben keine Zeit nachzuhaken und es bleibt das Gefühl, wir müssten noch einiges nachholen, was die jüngste Geschichte Südosteuropas betrifft.
Am nächsten Tag kommen wir fix an die serbische Grenze und wollen nur noch schnell eins der gefühlt hundert Autos mit Belgrader Kennzeichen anhalten. Doch anscheinend sehen wir ungewaschener aus, als wir dachten. Alle gucken uns nur schräg an und auch die Trucker haben kein Mitleid. Nach 3 Stunden haben wir genug und laufen nach Sid. Am Bahnhof verstehen wir nur Bahnhof und serbisches Geld haben wir auch noch keins. Der Zug soll jeden Moment abfahren, da taucht aus dem Nichts ein Mann auf, der uns ein paar Euro eintauscht. Es dauert dann doch nochmal eine halbe Stunde, bis der Zug bereit ist, aber wir freuen uns, einfach entspannt die nächsten 90 Minuten zu rollen.
In Belgrad schlafen wir bei Andrej, einem russischen Tramping-Experten und erkunden den folgenden Tag lang die Stadt. Aber wir wollen weiter, packen unsere Sachen und geben am nächsten Tag dem Trampen in Serbien noch eine Chance. Bezeichnenderweise ist es aber Oliver, ein mazedonischer LKW-Fahrer, der uns in seine Kabine einlädt. Die nächsten 4 Stunden werden zu den unterhaltsamsten der bisherigen Reise. Oliver erzählt uns von seiner Boxer-Karriere in jungen Jahren („I am much popularity in this region!“), weiht uns ein in das Morse-Hup-Alphabet, lädt zu Kaffee und Schokoriegeln ein und unterbricht jeden Moment eines kurzen Innehaltens beider Parteien mit einem laut herausgebrüllten „You don’t have to be beautiful!“, was wohl an Prince erinnern soll. Kurz vor Nis verabschieden wir uns schweren Herzens und schlafen hinter einer Raststätte auf einer herrlichen Kräuterwiese.
Am nächsten Tag dann der Jackpot. Wir finden ein Auto, das uns direkt nach Sofia fährt und dessen Fahrer Jordan uns auf eine sehr interessante Pizza Margeritha einlädt. Wieder finden wir einen tollen Host über Couchsurfing. Angel nimmt uns mit zu seinem Kumpel Tordo, der in den Bergen seinen 60. Geburtstag mit einer fünftägigen Feier begeht. Wir lernen eine sehr herzliche Gastfreundschaft sowie Spezialitäten des Landes, aber auch den sehr tief sitzenden Rassismus und Antisemitismus der meisten Leute kennen.
Und weiter wollen wir wandeln auf der alten Handelsstraße des oströmischen Reiches Richtung Plovdiv.